Wenn eine Vollbremsung nicht mehr ausreicht, bleibt nur ausweichen. Um die Automobilistinnen und Automobilisten bei diesem Manöver zu unterstützen, haben einige Autohersteller einen Ausweichassistenten entwickelt, eine Weiterentwicklung des Notbremsassistenten. Die BFU hat gemeinsam mit dem TCS die Ausweichassistenten von drei Modellen getestet: Volvo XC40, BMW 5er und Ford Focus.

In modernen Autos kommen mehrere Sensoren zum Einsatz. Mithilfe von Radarsensoren und Kameras kann ein Auto bei Hindernissen auf der Fahrbahn eine Verzögerung einleiten (Notbremsassistent) oder Distanzen zu vorausfahrenden Fahrzeugen ermitteln (ACC, adaptiver Tempomat). Auch der Ausweichassistent arbeitet mit den von Radarsensor und Frontkamera bereitgestellten Daten. Erkennt er vor einem Hindernis ein hektisches Lenkmanöver, unterstützt er die Autolenkenden, in dem er das Lenkmoment verstärkt oder abschwächt. Die Korrektur des Lenkeinschlags wird aber nur vorgenommen, wenn der Fahrer aktiv lenkt und damit die Ausweichrichtung vorgibt. Im gemeinsamen Test mit dem TCS hat die BFU die Ausweichassistenten des BMW M550d xDrive, des Volvo XC40 D4 AWD und des Ford Focus 1.5d ST-Line getestet. Diese zählen zu den ersten Modellen, die mit Ausweichassistent bestellbar sind. Simuliert wurde das Auffahren auf ein stehendes Auto und auf einen Fussgänger-Dummy.
Volvo: Lenkimpuls am Steuer spürbar
Das System von Volvo gehört zum «City Safety»-Paket und hilft den Fahrerinnen und Fahrern, einem Hindernis auszuweichen. Es ist mit jedem Motorstart und bei einer Geschwindigkeit von 50 bis 100 km/h aktiv, lässt sich jedoch via Bordcomputer ausschalten. Der Assistent hilft beim Ausweichmanöver durch Verstärkung oder Verringerung des Lenkmoments, wenn rasch auf Fahrzeuge oder Fussgänger aufgefahren und aktiv ausgewichen wird. Wenn also zu stark gelenkt wird, schwächt das System das Lenkmoment ab und wenn zu wenig gelenkt wird, wird das Lenkmoment verstärkt. Auf gleiche Weise unterstützt er beim Zurückwechseln in die Spur. Das System hat sowohl auf den Dummy mit menschlicher Kontur wie auch beim Auffahren auf ein Auto reagiert. Die verstärkenden, korrigierenden Lenkmomente nach links und rechts waren spürbar. Das Fahrzeug wird mittels ABS und ESP stabilisiert. Nach mehrmaligen Ausweichmanövern im Test war der Assistent plötzlich inaktiv. Laut Volvo setzt das City-Safety-System nach mehreren direkt aufeinander folgenden Einsätzen für einige Zeit aus, da eine solche Häufung von Brems- und Ausweichmanövern unrealistisch sei.

BMW: Wie auf Schienen
Die Ausweichhilfe von BMW funktioniert bis zu Geschwindigkeiten von 160 km/h und ist Teil des optionalen «Driving Assistant Plus»-Pakets. Erkenntnis: Den starren Fussgänger-Dummy hat der Notbremsassistent nicht als Mensch erkannt. Doch er reagierte, als eine Laufbewegung simuliert wurde. Bei Ausweich-Lenkbewegungen sprang der Ausweichassistent, nach akustischer Warnung, korrigierend ein. Das Ausweichmanöver wurde sowohl beim Umfahren eines Autos als auch eines (laufenden) Dummies unterstützt. Bei einer Testfahrt mit 80 km/h liegt der BMW wie auf Schienen und umfährt den Testdummy souverän, obwohl eigentlich zu stark gelenkt wurde und man dadurch auf der Gegenspur hätte landen müssen. Die Ausweichhilfe von BMW hat die Lenkbewegung des Fahrers gedämpft, zusätzlich wurde mit ABS und ESP das Auto stabilisiert. Als bei einem weiteren Versuch zu wenig gelenkt wurde, hat das System die Lenkbewegung verstärkt. Der Testdummy aus Schaumstoff kam nicht zu Schaden.
Ford: System reagiert nur auf Fahrzeuge
Der Ausweichassistent wird bei Ford mit dem Assistenzpaket «Ford Co-Pilot360» verkauft, welches auch einen Notbremsassistenten enthält. Laut Ford ist der Ausweichassistent so konzipiert, dass er nur andere Fahrzeuge erkennt. Der Test bestätigte, dass das korrigierende Lenkmoment nur beim Umfahren des Autos fühlbar war, nicht aber beim Testdummy. Wartet man zu lange mit dem Ausweichmanöver, greift bei der Fahrt auf eine stehende Fahrzeugkolonne zuerst der Notbremsassistent ein. Weicht man aber frühzeitig aus, kommt die Lenkunterstützung zum Zuge: Auch bei zu starkem Lenken bleibt der Focus zuverlässig in der Spur. Die Lenkunterstützung hat das Lenkmoment zuverlässig abgeschwächt.
Oft wird zu viel versprochen
Fahrerassistenzsysteme bieten Sicherheitspotenzial – aber nur, wenn der Lenker konzentriert unterwegs ist. Von zuverlässiger Funktion in jeder Situation darf nicht ausgegangen werden. Hinweise dazu stehen in den Bedienungsanleitungen der Autos, von Marketing und Verkäufern wird jedoch oft zu viel versprochen. Wichtig ist: Das Sicherheitspotenzial von Fahrerassistenzsystemen lässt sich nur ausschöpfen, wenn der Lenker weiterhin aufmerksam fährt. Ansonsten drohen negative Effekte.