Forschung und Recht

Der intelligente Geschwindigkeits­assistent ISA – ein intelligenter Schachzug für die Sicherheit

Von BFU Okt 9, 2019

Unfälle aufgrund von überhöhter Geschwindigkeit führen nicht selten zu Schwerverletzten und Getöteten. Geschwindigkeitsassistenzsysteme sollen Fahrer über geltende Höchstgeschwindigkeiten informieren und aktiv in das Fahrgeschehen eingreifen.

Die Europäische Union hat neue Gesetze verabschiedet, die ab 2022 eine Reihe von Fahrassistenzsystemen für alle Neufahrzeuge zwingend vorschreiben. Obwohl gleich mehrere Technologien obligatorisch werden sollen – zum Beispiel Notbremsassistent, Spurhalteassistent oder Aufmerksamkeitsassistent –, stehen vor allem Geschwindigkeitsassistenzsysteme im Mittelpunkt des Interesses.

Überhöhte oder den Umständen nicht angepasste Geschwindigkeit ist ein wichtiger Faktor für die Ursache und Schwere vieler Verkehrsunfälle. Im Schnitt starben zwischen 2012 und 2016 in der Schweiz 71 Personen bei Strassenverkehrsunfällen wegen überhöhter oder unangepasster Geschwindigkeit (SINUS-Report 2018).

Grenzwerte zielen darauf ab, die Geschwindigkeit in bestimmten Umgebungen auf einem angemessenen Niveau zu halten und die Sicherheit von motorisierten und anderen Verkehrsteilnehmern zu gewährleisten. Eine bessere Einhaltung von Geschwindigkeitsbegrenzungen würde viele Unfälle verhindern und die Folgen jener, die dennoch passieren, mildern.

Viele Fahrzeuglenker wollen im Verkehr sicher unterwegs sein und gesetzeskonform fahren. Sie empfinden es jedoch zuweilen als schwierig und ablenkend, sich an unterschiedliche Geschwindigkeitslimiten zu halten. Hier schafft der intelligente Geschwindigkeitsassistent ISA Abhilfe.

Was sind ISA-Systeme?

Intelligente Geschwindigkeitssysteme nutzen gespeicherte GPS-Karten und lesen Geschwindigkeitsschilder mittels Kameras – der Fahrer wird dann über aktuell geltende Höchstgeschwindigkeiten informiert. Überschreitet der Lenker während der Fahrt einen Schwellenwert, warnt das System und greift aktiv in das Fahrgeschehen ein, indem es die eingestellte Geschwindigkeit beibehält und ein Überschreiten verhindert. Es kann den Fahrer auch über bevorstehende Geschwindigkeitslimiten informieren.

Die verabschiedeten EU-Gesetze betonen, dass die Systeme vom Fahrer übersteuerbar sein sollen. Dadurch könnte der Fahrer bei Bedarf das Fahrzeug über die Limite hinaus beschleunigen. Weiter ist vorgesehen, dass sich ISA bei jedem Neustart des Fahrzeugs automatisch einschaltet und manuell abgeschaltet werden muss.

Grenzen der Geschwindigkeitsbegrenzer

Den aktuellen ISA-Systemen sind jedoch selbst Grenzen gesetzt: Geschwindigkeitsschilder können verdeckt oder schwer lesbar sein, integrierte GPS-Karten nicht mehr aktuell. Zeitlich begrenzte Geschwindigkeitslimiten oder Baustellen können das System verwirren. Eine weitere Gefahr besteht darin, dass sich Fahrzeuglenkende an das System gewöhnen und sich zu sehr darauf verlassen. Als Folge davon könnten sie das Gaspedal bis zum Anschlag durchdrücken, da sie annehmen, das System reguliere die Geschwindigkeit. So betrachtet, könnte ISA auch eine gefährliche Ablenkung darstellen und zu hohen Bussen bzw. Strafen führen, falls das System die aktuell zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht korrekt erfasst. Denn die Fahrzeuglenker würden für die Geschwindigkeitsübertretungen in jedem Fall haften. Damit die Vorteile von ISA vollumfänglich realisiert werden können, brauchen die Fahrzeuglenkenden eine Schulung. Auf diese Weise erhalten sie das nötige Vertrauen, um das System sicher und richtig anzuwenden.

Die wichtigste Fahrzeuginnovation seit der Erfindung des Sicherheitsgurtes

Der Sicherheitsgewinn mit ISA dürfte voraussichtlich hoch sein. Nicht weniger erhofft man sich auf EU-Ebene auch vom gesetzlich vorgeschriebenen Einbau autonomer Notbremssysteme für Neufahrzeuge ab 2022. Experten sagen voraus, dass man rückblickend die autonome Notbremsung als den wichtigsten Fortschritt für die Fahrzeugsicherheit seit der Erfindung des Sicherheitsgurtes anerkennen wird. Bereits heute vergibt Euro NCAP, die Konsumentenorganisation für die Bewertung der Fahrzeugsicherheit, keine Bestnoten mehr für getestete Fahrzeugmodelle, wenn diese über keine autonome Notbremsung verfügen.