Forschung und Recht

Wie darf ich meinen Einparkassistenten parkieren lassen?

Von BFU Okt 9, 2019

Der Einsatz eines Einparkassistenten liegt nach aktuellem Recht zumindest in einem Graubereich, denn der Fahrer muss sein Fahrzeug ständig beherrschen und darf das Lenkrad nicht loslassen. Das könnte sich aber bald ändern: Der Bundesrat hat vorgeschlagen, dass das Steuerrad losgelassen und sogar das Fahrzeug verlassen werden darf, wenn ein Einparkassistent bestimmungsgemäss verwendet wird.

Was sagt das geltende Recht?

Seit Jahren werden Autofahrer in der Schweiz beim Manövrieren in die Parklücke von Assistenzsystemen unterstützt. Erste Systeme verhinderten Zusammenstösse beim Parkieren noch mit akustischen Signalen. Heute sind viele Autos serienmässig mit Einparkassistenten ausgestattet, die während dem Parkieren die Quer- und teilweise auch die Längssteuerung des Fahrzeugs übernehmen können. Das heisst, die Assistenten tasten die Umgebung mittels Sensoren ab, erkennen eine Parklücke und können die Steuerung über das Lenkrad sowie teilweise auch über das Gas- und Bremspedal übernehmen. Die neuesten Einparkassistenten könnten damit theoretisch ohne Hilfe des Fahrers einparkieren. Das dürfen sie aber nicht, denn der Fahrer darf die Kontrolle über sein Fahrzeug nach geltendem Recht nicht an den Einparkassistenten abgeben:

«Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann.» – Art. 31 Abs. 1 Strassenverkehrsgesetz (SVG)

Hinzu kommt die Verkehrsregelnverordnung:

«Die Führer von Motorfahrzeugen, Motorfahrrädern und Fahrrädern dürfen die Lenkvorrichtung nicht loslassen.» – Art. 3 Abs. 3 Verkehrsregelnverordnung (VRV)

Welche Änderung der Verkehrsregelnverordnung (VRV) ist vorgesehen?

Zumindest die Pflicht, das Lenkrad immer mit mindestens einer Hand zu halten, könnte schon bald aufgehoben werden. So hat der Bundesrat vorgeschlagen, dass der Fahrer künftig bei der bestimmungsgemässen Verwendung eines Einparkassistenten die Lenkvorrichtung loslassen und das Fahrzeug sogar verlassen darf, wenn das Assistenzsystem das zulässt. Auch dann bleibt der Fahrer aber für das Manöver verantwortlich und muss es auch überwachen.

Wird diese Neuerung eingeführt, dann würde also ein Lenker keine Pflicht mehr verletzen und würde nicht mehr dafür gebüsst werden, wenn er den Einparkassistenten parkieren lässt und das Manöver nur noch überwacht.

An allen weiteren Pflichten, die der Fahrzeugführer hat, wird nicht gerüttelt. Der Fahrer ist insbesondere weiterhin dafür verantwortlich, das Fahrzeug so zu parkieren, dass niemand behindert oder gefährdet wird. Dazu ist es erforderlich, dass er die Verkehrssituation überblickt, wie wenn er selber im Auto sitzen würde. Allzuweit darf sich der Fahrer also auch bei der Verwendung eines Einparkassistenten nicht vom Fahrzeug entfernen, denn sonst hat er keine Chance, die Verkehrssituation zu überblicken.

Welche Anforderungen muss ein Einparkassistent erfüllen?

Aus Sicht der Verkehrssicherheit ist zentral, dass der Parkiervorgang bei der Verwendung eines Einparkassistenten vom Fahrer jederzeit und intuitiv gestoppt werden kann. Zudem ist es wichtig, dass der Fahrer vor potenziellen Gefahren gewarnt wird – beispielsweise, wenn ein Kleinkind in der Nähe ist.

Die Anforderungen, die Lenksysteme erfüllen müssen, um in der Schweiz zugelassen zu werden, sind in der UN-Regulation No. 79 festgehalten. In Ziff. 5.6 sind die Anforderungen an Einparkassistenten festgelegt:

  • Der Einparkassistent darf maximal 10 km/h schnell sein.
  • Er darf nur durch eine ausdrückliche Handlung des Fahrers aktiviert werden.
  • Er darf nur aktivierbar sein, wenn alle Funktionen, Sensoren etc. richtig funktionieren.
  • Der Fahrer muss das System jederzeit deaktivieren können.
  • Wenn ein Einparkassistent nicht nur das Lenkrad, sonder auch das Brems- und Gaspedal kontrollieren kann, dann muss er Hindernisse wie Fussgänger oder Fahrzeuge erkennen können und das Fahrzeug sofort stoppen, wenn sich ein Hindernis in der Nähe des Fahrzeugs befindet.
  • Dem Fahrer muss klar signalisiert werden, wann der Einparkassistent übernimmt und wann er die Kontrolle wieder abgibt.

Darf ich den Einparkassistenten auch von ausserhalb des Autos überwachen?

Wenn der Einparkassistent das unterstützt, wird gemäss dem Vorschlag des Bundesrats sogar das Verlassen des Fahrzeugs zulässig werden. Die Autohersteller haben unterschiedliche Lösungen entwickelt, damit der Fahrer den Parkiervorgang überwachen kann, ohne hinter dem Lenkrad zu sitzen. Eine gängige Lösung ist eine Smartphone-App, bei der der Bildschirm während des Manövers ständig mit dem Finger berührt werden muss. Wird die Berührung unterbrochen, bleibt das Auto sofort stehen. Das Gleiche ist auch mit dem Autoschlüssel denkbar.

Von der Lockerung der Verkehrsregelnverordnung nicht betroffen ist die Verwendung autonomer Einparksysteme, die der Fahrer nicht mehr überwachen muss. Solche Systeme werden auch nach der Änderung der Verkehrsregelnverordnung höchstens als Pilotversuche zulässig sein.

Zahlt der Hersteller, wenn mein Einparkassistent einen Schaden verursacht?

In erster Linie haftet der Motorfahrzeughalter bzw. seine Versicherung für Schäden an Menschen und Sachen, die durch den Betrieb eines Motorfahrzeugs verursacht werden (Art. 58 SVG). Der Fahrer könnte zwar behaupten, dass ein Parkschaden durch den Einparkassistenten verursacht worden sei und vom Hersteller übernommen werden müsse. Einem solchen Anspruch stehen aber zahlreiche Hürden im Weg. Insbesondere der gerichtsfeste Beweis, dass ein Einparkassistent fehlerhaft funktioniert hat, dürfte sehr schwer zu erbringen sein. Und selbst wenn dieser Beweis gelingen würde, könnte nur ein Teil des Schadens vom Hersteller zurückgefordert werden. An der Haftung wird sich durch die Anpassung der VRV also nichts ändern.